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Dáil Éireann debate -
Wednesday, 2 Oct 1996

Vol. 469 No. 3

Address of Chancellor Kohl.

His Excellency Dr. Helmut Kohl, Chancellor of the Federal Republic of Germany, then delivered his address.

Chancellor Kohl

Herr Präsident des Abgeordnetenhauses, Herr Präsident des Senats, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, Exzellenzen, meine Damen und Herren!

Zunächst, verehrter Herr Präsident, erlaube ich mir eine kleine Berichtigung bei Ihrer so überaus freundlichen Begrüß: Ich schlage vor, daß wir es der Geschichtsschreibung überlassen, wenn man im Bereich der Geschichte schon eingeordnet wird. Ich fühle mich eigentlich noch sehr gut und noch nicht reif für die Bücher.

Das meine ich jetzt sehr ernst: Wer Politiker ist — und es gibt hier viele Beispiele — und ein langes politisches Leben hinter sich hat, viele haben es noch vor sich, wer wie ich 37 Jahre Abgeordneter ist und das Auf und Ab des parlamentarischen Lebens erlebt hat, dem rate ich, wie mir selbst auch, sich an einem Satz zu orientieren, den der von mir sehr verehrte Papst Johannes XXIII. einmal in Bezug auf sich selbst und angesichts der freundlichen Worte, die ihm gewidmet wurden, gesagt hat: Giovanni, nimm Dich nicht so ernst! Er will damit sagen, daß man sich sehr ernsthaft verhält, aber es der Nachwelt überläßt, wie das Buch in der Geschichte ist.

Herr Präsident, ich bitte Sie, das so zu verstehen, wenn ich sage: Umso mehr bedanke ich mich für diese so ganz freundliche Bergrüßung gegenüber meiner Frau und mir. Für mich ist das vor allem eine Freude und natürlich auch eine Ehre, hier zu ihnen im irischen Parlament sprechen zu dürfen. Das erste, was ich sagen darf und will ist: Ich habe zu danken für die Freundschaft und für die Verbundenheit, die wir, die Deutschen, spüren, wenn wir in Ihr Land kommen und wenn Menschen aus unseren Völkern sich begegnen.

Gestern haben Ihre Staatspräsidentin und ich gemeinsam mit Ihrem Nobelpreisträger Seamus Heaney die Frankfurter Buchmesse eröffnet, die größte Buchmesse der Welt. Ich finde es eine wunderbare Sche, daß in diesem Jahr Irland im Mittelpunkt dieser Messe steht. Darin — und so sehen Sie es bitte — äußert sich ein ganz besonderes Interesse, daß Irland bei uns zu Hause in Deutschland findet. Für uns — und ich denke für viele Europäer — gehört der kulturelle Schatz der Iren, ihre Schriftsteller, ihre Bardendichtungen, ihre Balladen zum Schatz Europas. Ihr Land hat wie kaum ein anderes Autoren von Weltrang hervorgebracht — Große der Literatur wie Sean O'Casey, James Joyce und Samuel Beckett. Wir bewundern die Kraft der irischen Poesie, William Butler Yeats zum Beispiel, der in seinem berühmten Gedicht das Wort von der "Furchtbaren Schönheit" geprägt hat. George Bernhard Shaw hat einmal gesagt und geschrieben, es sei vor allem die Verantwortung für die Zukunft, die weise mache. Das ist, wie ich denke, ein guter Satz für die Europäer am Ende dieses Jahrhunderts, ja dieses Jahrtausends, denn in vier Jahren beginnt ein neues Jahrhundert, ein neues Jahrtausend.

Das Bewußtsein von Gemeinsamkeit und von gemeinsamer Verantwortung entsteht auch und nicht zuletzt aus einer leidvollen Erfahrung der Geschichte. Wer wüßte nicht, wie viele Ihrer Landsleute sich gezwungen sahen, ihr Vaterland zu verlassen. Kaum ein anderes Land in Europa hat einen solchen Verlust an Dynamik und Personalität hinnehmen müssen. Heute ist es unsere gemeinsame Sorge, dafür zu sorgen, daß nie wieder Menschen aus ihrer Heimat fortgehen müssen. Das Ziel, unser Ziel in Europa heißt: Wir wollen ein Europa bauen, in dem unsere Kinder und kommende Generationen in Frieden, in Freiheit, in sozialer Gerechtigkeit und auch in Wohlstand aufwachsen können.

Wir Deutsche — auch das darf ich in dieser Stunde sagen — hoffen von ganzem Herzen, daß alle Bemühungen zur Verständigung, um in dem Prozeß der Verständigung Nordirlands voranzugehen, einen guten Fortgang und, wie ich hinzufüge, endlich auch ein gutes Ende nehmen. Es geht um Frieden, es geht um Menschenwürde — jene Werte, für die schon Daniel O'Connell gewaltlos eingetreten ist.

Das zweite, was ich sagen will, ist ein Wort des Dankes an das irische Volk — und ich sage es als Deutscher — als unsere Freunde und Partner. Ich will Ihnen danken für die Hilfe, die uns aus Irland zuteil wurde. Wir wissen aus unserer privaten Existenz, daß wahre Freundschaft und menschliche Größe sich vor allem dann zeigen, wenn der andere in Not ist. Unsere irischen Freunde — und ich sage das bewußt auch 50 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, wenn eine andere Generation herangewachsen ist; zwei Drittel der radisenen — haben uns in einer bitteren Stunde unseres Volkes geholfen.

Damals war Deutschland ein zerstörtes Land. Es herrschten Hunger und Elend in einer heute kaum vorstellbaren Weise. Über 12 Millionen Flüchtlinge waren unterwegs — Vertriebene auf der Suche nach einer neuen Heimat. In dieser für Deutschland und für die Deutschen so schwierigen Zeit haben die Menschen hier in Irland auch bei knappen eigenen materiellen Ressourcen ganz selbstverständlich geholfen. Viele, viele deutsche Kinder wurden damals hier aufgenommen und vor dem Hunger bewahrt.

Ich sage es so, obwohl es beinahe jetzt materiell und mechanisch klingt: Das irische Volk spendete damals — umgerechnet auf den Kopf der Bevölkerung — mehr als jedes andere auf der Welt, um Not in Deutschland zu lindern. Wir haben es nicht vergessen. Wir erinnern uns auch daran, was Sie uns an Hilfe, Unterstützung und Sympathie sechs Jahre zurück aus Anlaß der großen dramatischen Veränderungen in Berlin, in Deutschland und in Europa gaben.

Morgen, am 3. Oktober 1996, feiern wir in Deutschland den sechsten Jahrestag der deutschen Einheit. Für uns war dies einer der glücklichsten Augenblicke unserer Geschichte — nicht nur der jüngsten Geschichte. Wir bekamen das Geschenk der Einheit unseres Volkes in Frieden und Freiheit und — dies gab es noch nie in der Geschichte — mit der Zustimmung aller unserer Nachbarn, Partner und Freunde in Europa und in der Welt.

Irland, das irische Volk, hat sich damals für uns und mit uns gefreut. Es hat von Anfang an Deutschland und die Bundesregierung rückhaltlos auf dem Weg zur Einheit unterstüzt. Ich werde nie vergessen, wie in einer dramatischen Sitzung der Europäischen Union damals im Dezember 1989 es nicht zuletzt der irische Ministerpräsident war, der in einer sehr schwierigen Situation, auch in einer für mich sehr schwierigen Situation, uns Deutsche und mich unterstützt hat.

Während seiner Präsidentschaft im ersten Halbjahr 1990 hat Irland damals entscheidend dazu beigetragen, daß das Gebiet der damaligen DDR, des heutigen Ostdeutschlands, reibungslos und ohne wirklich große Probleme in die damalige europäische Einheit integriert werden konnte.

Meine Damen und Herren, Herr Präsident, heute — sechs Jahre später — sind wir bei der Vollendung der inneren Einheit Deutschlands ein gutes Stück vorangekommen. Natürlich haben wir noch große Probleme. Eine Teilung des Kontinents in Ost und West hat auch tiefe Spuren bei uns hinterlassen. Wir waren durch viele Jahrzehnte durch Mauer und Stacheldraht wirklich geteilt. Beim Neuaufbau des demokratischen Lebens in der früheren DDR, den jetzigen neuen Ländern, haben wir einen weiten Weg beschritten. Wir haben in den materiellen Bereichen gewaltige Fortschritte erreicht, obwohl noch viel zu tun ist. Aber wir haben vor allem auch im immateriellen Bereich zu spüren bekommen, wie sehr wir uns in diesen über vier Jahrzehnten bei der gleichen Muttersprache und der gleichen Geschichte auch auseinandergelebt haben.

Um es ihnen, die Sie mitten im politisch-parmentarischen Leben stehen, vielleicht am einfachen Beispiel deutlich zu machen: Man hat in Leipzig im März 1990 in der damaligen DDR zum ersten Mal frei wählen können. Die letzte wirklich freie Wahl in diesem Teil Deutschlands war im November 1932. Das heißt, wenn Sie es überlegen, mußte man 1932 nach der alten Verfassung 21 Jahre alt sein, um wählen zu können. Wer also 1990 zum ersten Mal wieder frei wählen konnte, war über 80 Jahre alt. An diesem Beispiel können Sie erkennen, welchen Weg wir in so kurzer Zeit zurückgelegt haben. Es wird noch manche Zeit brauchen, manches wird noch zusammenwachsen, aber mit Geduld — und die fällt uns manches Mal als Deutsche schwer — und mit Mut und Zuversicht werden wir das Ganze zum Gelingen bringen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, Konrad Adenauer hat schon sehr früh beim Beginn der Bundesrepublik zu Beginn der frühen 50er jahre uns Jungen demals zugerufen: "Deutsche Einheit und europäische Einigung sind zwei Seiten derselben Medaille." Wer ja sagt zur deutschen Einheit und nicht gleichzeitig für die Einigung Europas eintritt — so war seine Politik, so ist unsere und so ist meine Politik —, verrät die Zukunft unseres eigenen Landes und, so denke ich, auch die Zukunft Europas.

Wenn wir heute vom "Bau des Hauses Europa" sprechen, dann tun wir es auch in der klaren Erkenntnis, daß dieses Jahrhundert so viel Krieg und menschliches Elend gesehen hat und daß dennoch diese 50 Jahre von 1946 an seit der großen Rede Winston Churchill's in Zürich, die in diesen Tagen in unserer Erinnerung wieder hervorkam, diese europäische Einigung, eine beispiellose Erfolgsgeschichte wurde.

Aus ehemaligen Feinden wurde durch die europäische Integration Verständigung, Zusammenarbeit und schließlich Freundschaft. Frieden, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte und nicht zuletzt Stabilität und Wohlstand sind die notwendigen Grundlagen, auf denen das neue Europa sich auf den Weg macht und das wir jetzt zu Ende bauen müssen. Irland war uns dabei stets ein verläßlicher und guter Freund. Seit seinem Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft im Jahr 1973 hat diese Freundschaft eine besondere Qualität erhalten. Die Iren waren und sind "Europäer aus Überzeugung". In zwei Referenden haben die Menschen hier diese Überzeugung mit großen Mehreiten zum Ausdruck gebracht. Irland hat zugleich einen wichtigen Antoil daran, daß wir auf dem Wag zur europäischen Einigung weit vorangekommen sind. Die irischen Präsidentschaften haben in diesen Jahren in der Gemeinschaft immer wieder wichtige Akzente gesetzt. In besonderer Erinnerung ist mir der EG-Gipfel in Dublin von 1990. Hier wurden im wesentlichen die Grundlagen für das gelegt, was wir später im Vertrag von Maastricht beschlossen haben.

Ich denke — und ich sage das zu Ihnen, Herr Präsident, zu Ihnen, Herr Ministerpräsident, und den Damen und Herren des Parlaments —, daß durch die jetzt amtierende Präsidentschaft das, was wir am kommenden Samstag hier tun wollen und das, was sich in Dezember auf der großen Tagung wiederum in Irland vollzieht, eine Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte sein wird. Ich sage Ihnen ganz einfach, was wir als Deutsche und was ich selbst als Person dazu tun kann, werde ich ganz selbstverständlich tun, so daß die irische Präsidentschaft ein großer Erfolg wird.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, Irland hat eine große Fülle von Verbindungen über den Atlantik und weltweit, die viele Menschen in anderen Kontinenten mit uns hier in Europa verbinden. Ich denke an die vielen Millionen überall in der Welt, die stolz sind auf ihre irische Herkunft — in Australien, in Kanada und vor allem auch in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dies ist, wie ich denke, eine wichtige Klammer zwischen der Alten und der Neuen Welt. Wir wollen, daß dieses Haus Europa ein Haus ist, in dem auch unsere amerikanischen Freunde und Partner auf Dauer eine feste Wohnung haben. Wir haben im Deutschen den Begriff "Wohnrecht auf Lebenszeit". Ich möchte gerne diesen Begriff auf die Präsenz unserer amerikanischen Freunde in Europa übertragen.

Wir stehen jetzt vor großen Entscheidungen — Entscheidungen, die das Gesicht unseres Kontinents weit hinaus in das 21. Jahrhundert prägen werden. Ich bin sicher, daß die irische Präsidentschaft dazu eine wichtige Markierung sein wird. Für die europäosche Währungsunion haben vor ein paar Tagen hier in Dublin die Finanzminister der Europäischen Union mit ihrer grundsätzlichen Einigung auf einem Stabiliätspakt ein kläres und, wie ich denke, auch ermutigendes Zeichen gesetzt. Wir wollen und wir brauchen die gemeinsame Währung, um den Standort Deutschland zu stärken, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und vorhandene Arbeitsplätze zu stabilisieren. Wir brauchen die gemeinsame Währung, um auch der steigenden Herausforderung der Kontinente in anderen Teilen der Welt, nicht zuletzt in Südostasien und auch in Lateinamerika, begegnen zu können.

Ich denke, das wird uns nur gelingen, wenn die Währungsunion eine Stabilitätsgemeinschaft ist. Deswegen halte ich nichts von den Versuchen, die Kriterien der Stabilität zur Disposition zu stellen.

Ich bin auch dafür, daß wir den uns gesetzten Zeitplan einhalten. Wer beginnt, an diesen Prinzipien Veränderungen vorzunehmen, stellt nach meiner festen Überzeugung das Werk als Ganzes in Gefahr. Ich begrüße es, daß Ihr Land, daß Irland auf diesem Weg besonders große und, wie ich sehe, auch erfolgreiche Anstrengungen unternimmt. Die gegenwärtige Dynamik ihrer Wirtschaft wird in ganz Europa anerkannt. Auch wir in Deutschland haben die Weichen für die Wirtschafts- und Währungsunion gestellt. Ich sage hier ganz deutlich: Für mich ist es ein gutes Ziel — und ich würde mich freuen, wenn es erreicht werden könnte —, wenn Irland von Anfang an an diesem entscheidenden Ziel teilnehmen könnte.

Ein weiterer wichtiger Punkt, meine Damen und Herren, beim Fortgang der Regierungskonferenz zur Revision des MaastrichtVertrags wird hier in diesen Tagen — ich sagte es schon — beim Sondergipfel besprochen. Es geht darum, die Handlungsfänigkeit einer künftigen Europäischen Union sicherzustellen. Es geht darum, daß die Bürger in Europa einen Sinn in dieser Europäischen Union erkennen können, daß das, was da geschieht, verständlicher, transparenter ist, daß nicht der Eindruck erweckt wird, daß ein neuer Überstaat ohne Kontrolle und ohne Sinn für die täglichen Sorgen entsteht, sondern eine bürgernahe Institution, die auch die Identität der einzelnen Völker respektiert.

Einer der großen Dichter unseres Landes, Thomas Mann, hat es schon in den 30er Jahren im Blick auf Europa so formulliert: "Wir wollen deutsche Europäer und europäische Deutsche sein." Für mich ist dieses Europa nur dann ein wirklich erstrebenswertes Ziel, wenn wir dabei unsere Identität bewahren. Wir sind dann eben Iren und Europäer oder Europäer und Iren und deutsche Europäer und europäische Deutsche. Wir wollen auch, daß dieses Europa kraftvoll ist. So wird eines der wichtigen Themen an diesem kommenden Samstag sein, daß wir — ich nehme nur eines unter den vielen wichtigen Themen heraus — uns als Europa gemeinsam gegen den Generalangriff der internationalen Kriminalität, der Mafia und nicht zuletzt der Drogenmafia widersetzen.

Es ist in dieser Frage — und dies sage ich mit großem Ernst — nach meiner Überzeugung fünf Minuten vor zwölf. Wer glaubt, diese Frage rein auf nationaler Ebene lösen zu können, wird sich täuschen. Das ist kein Mißtrauen gegen die Arbeit unserer nationalen Polizeien und Sicherheitskräfte. Aber das ist, meine Damen und Herren, eine Erfahrung, daß wir heute mit weltweit operierenden kriminellen Banden zu tun haben und daß die Bürger in unseren Ländern zu Recht sagen: Es ist die Sache unseres jeweiligen Staates, die innere und die äußere Sicherheit, den inneren und den äußeren Frieden des Landes zu garantieren.

Wir haben noch in diesen nächsten Monaten und Jahren uns darüber zu unterhalten, wie dieses Europa der Europäischen Union aussehen wird. Damit stellt sich die Frage nach der Erweiterung um die Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas. Sie verstehen, wenn gerade ich als Deutscher zu Ihnen sage: Es ist für uns als Deutsche unvorstellbar und völlig inakzeptabel, daß die Ostgrenze Deutschlands die Westgrenze Polens die Oder-Neiße-Grenze ist. Wenn ich den Namen nenne, weiß jeder, was dies vor der Geschichte bedeutet. Das wäre eine Trennung zwischen der Europäischen Union und einem Land außerhalb der Europäischen Union.

Unser Ziel in Deutschland ist, daß das, was an der Westgrenze in meiner Heimat zwischen der deutschen und der französischen Grenze als eine Grenze der Freundschaft und der Partnerschaft möglich war, sich so zwischen Deutschen und Polen an der Oder/Neiße entwickelt. Ich weiß, auf diesem Weg ist noch vieles an Schwierigkeiten zu bwältigen. Aber ich denke, es wäre eine schlimme Heuchelei, wenn wir durch 40 Jahre hindurch unseren europäischen Nachbarn in Prag — ich nenne nur die wenigen Länder für alle-, in Warschau, in Krakau oder in Budapest zugerufen hätten: Ihr gehört zu uns. Wenn ihr dann den Kommunismus abgeschüttelt habt, wenn die Grenzen, die Mauern und die Stacheldrähte gefallen sind, dann werden wir mit euch gemeinsam in die Zukunft gehen. Jetzt ist auch die Stunde europäischer Solidarität mit diesen Nachbarvölkern.

Meine Damen und Herren, Warschau, Budapest und Prag sind ebenso ein Bestandteil Europas und der europäischen Kultur wie Berlin, Paris und Dublin. Die irische Stimme im Konzert der Kulturen wollen und können wir nicht missen. Das nur an Fläche kleine Land an der atlantischen Grenze Europas hat uns in Europa vielgegeben. Irland entwickelte schon früher eine ganz eigene große Kultur, deren Strahlkraft auf ganz Europa wirkte. Irische Mönche — wir wollen das nicht vergessen — brachten seit dem 7. Jahrhundert aus den Klöstern und Kapellen dieses Landes den christlichen Glauben auch in das Territorium des heutigen Deutschlands. Der tiefe Glauben und der Lebensmut dieser Männer hat die geistigen Wurzeln unseres Kontinents tief geprägt. Herr Präsident, Sie hatten die Freundlichkeit, an den Heiligen Kilian zu erinnern. Er war als Bischof und Stadtpatron von Würzburg tätig und wird noch heute in diesem Teil unseres Vaterlandes hoch verehrt. Die Zeugnisse christlich geprägter Kunst, die im Laufe der Jahrhunderte in Irland entstanden, gehören zum großen Kulturerbe Europas.

Meine Damen un Herren, ich freue mich auf meinen Besuch morgen in Glendalough, und morgen werde ich auch das "Book of Kells" sehen.

Irland ist nicht nur ein Land einer alten Kultur. Ganz Europa ist fasziniert von der Kreativität und der künstlerischen Gegenwart — von irischer Musik über die bildenden Künste bis hin zum irischen Film. Es hat noch einen unschätzbaren Vorteil, und Sie verstehen, wenn ich das mit einem leichten Unterton, vielleicht sogar des Neides hinzufüge: Es ist ein junges Land mit vielen, vielen jungen Menschen. An sie, an die jungen Iren, richte ich mein Wort, wenn ich sage: Ihr, die Jungen in Irland, steht heute vor Chancen, vor Möglichkeiten und vor Zukunftsperspektiven, von denen Eure Mütter und Väter und schon gar nicht Eure Großeltern nicht einmal zu träumen wagten.

Wir wissen, diese Zukunft wird nicht immer einfach sein. Es gibt eine Menge Probleme auch im Alltag. Aber dies gehört zu einem ganz normalen Leben. Auch wir in unserer Generation bekommen die Zukunft nicht geschenkt. Vernunft und Augenmaß, Mut und auch guter Wille sind nötig. Aber jetzt — ich sage es noch einmal — am Ende dieses Jahrhunderts, das so viel Elend, Leid und Sorgen sah, ist es doch ganz gewiß viel einfacher als in manchen Stationen dieses Jahrhunderts, Zukunft zu meistern.

Wer heute 20 Jahre alt ist, hat noch eine weite Lebensperspektive vor sich. Nach der mittleren Lebenserwartung werden die meisten der jetzt 20 jährigen, auch die, die heute in Dublin leben, die Mitte des kommenden Jahrhunderts erreichen. Das heißt, ihre Lebenszeit, die Ihnen geschenkte Zeit, wird weit in das 21. Jahrhundert hineinführen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich denke, es ist unsere Sache, die Sache derjenigen, die heute zum Handeln berufen sind, daß wir dafür Sorge tragen, daß diese junge Generation eine gute Zukunft hat — die der älteren Generation in diesem Haus, die aus meinem Jahrgang kommt und die wie ich noch den Krieg erlebt hat — ich war bei Kriegsende 15 Jahr alt — und die der mittleren Generation, die in diesem mittleren Abschnitt im dritten Viertel dieses Jahrhunderts verautnortung hat und die der ganz Jungen, die hier erfreulicherweise dabei sind. Es geht um eine gute Zukunft in Irland, in Deutschland und in Europe.

Wir sollten das mit einer großen Freude und nicht mit Verzagtheit tun, nicht mit Pessimismus und nicht mit bloßem Optimismus, sondern mit realistischem Optimismus und uns dann auf den Weg zum Wohl unserer Völker für Frieden, Freiheit und Wohlstand machen. So sage ich Ihnen und rufe Ihnen zu: Lang lebe die deutsch-irische Freundschaft! Gott segne Irland!

A standing ovation was accorded the Chancellor on the conclusion of his address.

Chancellor, it is now my great privilege to offer you the thanks of the House for your inspiring address which we shall long remember and for your kind and generous remarks about us. As you and your charming wife leave us you can rest assured that you carry with you the warmth, affection and sincere good wishes of the Members of this House and of all the Irish people. If you experience any delay in making your exit from this Chamber it will only be because the ambitious Members on both sides of this House will have a particular interest in ascertaining from you the secret formula of your longevity in political life. My parliamentary colleagues know from my record that I have mastered the knack, but I am not telling. You may, Sir, if you so desire pass on the advice to them as to how to get to the top and stay there for so long.

I say most sincerely, long live German-Irish friendship, long live Helmut Kohl and the grand people whom he represents. Slán agus beannacht.

The Chancellor, amid applause, then withdrew from the Chamber, accompanied by the Taoiseach, the Tánaiste, the Minister for Social Welfare, Deputy Bertie Ahern and Deputy Mary Harney.

Sitting suspended at 3.45 p.m. and resumed at 5 p.m.
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